»Unter den Talaren – der Muff von 1000 Jahren« skandierte die Studentenbewegung von 1968, die zu meiner linken Politisierung beitrug.
Dieser Muff – der Muff des Hitlerfaschismus – fand sich nicht nur unter den Talaren der Professoren. Er fand sich auch in den Apparaten und Institutionen der Bundesrepublik, der Rechtsnachfolgerin des »Dritten Reiches«. Er fand sich in personeller – klammheimlicher bis offener geistiger – Kontinuität im Bundestag, in Ministerien, Geheimdiensten und der Bundeswehr. Alte Nazis aus SS, SD und Gestapo bauten als Experten in Sachen Antikommunismus den Verfassungsschutz auf – und der finanzierte über seine V-Leute die Nazipartei NPD und deckte die Nazimörder des NSU. Alte Wehrmachtsgeneräle führten die Bundeswehr, deren Kasernen oftmals Namen von Kriegsverbrechern tragen.
Nicht nur diese Kontinuitätslinien im Staat hast Du entlarvt, sondern auch das Weiterleben der Finanziers und Profiteure von Nazi-Faschismus, Eroberungskrieg und Holocaust in der Wirtschaft. Auch der eigene Journalistenstand bekam bei Dir sein Fett ab, denn Du weißt um die Macht der Medien. Buchtitel wie »Schreibmaschinentäter« und »Unheimliche Publizisten« sprechen für sich. Du schwenktest nie Dein Fähnlein nach dem Wind und warst nie einer der käuflichen Söldner, die heute in weiten Teilen das journalistische Geschäft bestimmen und vom bequemen Schreibtisch propagandistische Kriegsgründe und -lügen liefern oder die angebliche Alternativlosigkeit des Neoliberalismus beschwören.
Zu Recht wurde Dir 2007 als »scharfem Sprach- und Medienkritiker« der Tucholsky-Preis verliehen. Deine Texte glänzen nicht nur mit Sachkenntnis, sondern sind auch ein sprachlicher Genuß voll Wortwitz. Oft genug zuckte ich beim Lesen Deiner ebenso treffenden wie mutigen Charakterisierung alter und neuer Finsterlinge zusammen und dachte mir: Darf der Otto das so schreiben? Das gibt doch eine Klage? Doch Deine Texte kommen quellensicher, den Grund für Deine Stiche und Schläge kannst Du belegen.
Selbst an Deinem 80. Geburtstag gönnst Du Dir keine Auszeit. Denn da wirst Du auf dem Podium der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin über historische und gegenwärtige Traditionslinien des deutschen Imperialismus sprechen.
Zu Deinem 80. Geburtstag wünsche ich Dir noch viele gesunde Jahre, in denen Du uns weiterhin als geistreicher Aufklärer erfreuen und unseren gemeinsamen Gegnern ein schmerzhafter Stachel bleiben wirst.