Die CSU hat es derzeit nicht leicht, sie hat ihren Star verloren, den deutschlandweit leuchtenden. Ob der bayerische Ministerpräsident darüber so traurig ist, wie er es darstellen muß, ist fraglich, aber fraglos muß nun die weiß-blaue Union in der Bundespolitik medialen Ersatz schaffen. Der von ihr gestellte neue Bundesinnenminister bemühte sich und kam prompt in die Schlagzeilen, indem er als Kontrahent des christdemokratischen Bundespräsidenten den Spruch losließ: »Daß der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen läßt.«
Erstaunlich, welch ein Mangel an begrifflicher Präzision da bei einem Juristen und Verfassungsminister zutage tritt. Eine »Tatsache«, daß der Islam zu Deutschland gehört? Hans-Peter Friedrich meint doch genau das Gegenteil. Eigentlich wollte er sagen, daß die Behauptung oder Annahme, diese Religion gehöre zu Deutschland, nicht belegbar und akzeptabel sei. Und was heißt »dazugehören«? Welche Konsequenzen soll es haben, wenn ein bestimmter Glaube nicht »dazugehört«?
Dennoch erhielt der Bundesinnenminister prominente Zustimmung. Unter anderem vom Fraktionsvorsitzenden der Union im Bundestag, dem innenpolitischen Sprecher der Fraktion und vom Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestags. »Der Islam gehört nicht zu Deutschland«, »der Islam ist nicht Teil der deutschen Identität«, »der Islam gehört nicht zur deutschen Leitkultur«, echoten sie. Und wiederum ist zu fragen: Was bedeutet es für muslimische Deutsche, wenn sie die falsche Identität haben, leitkulturell abseitig existieren, einem Glauben anhängen, der »undeutsch« ist? Und wie soll man ihnen begegnen? Wie falschen Fuffzigern?
Ein Faktum sei es schon, daß in Deutschland Muslime leben, beteuerten die genannten CDU/CSU-Politiker. Aber der Islam, der gehöre nicht zu diesem Land. Was nun? Vielleicht dies: Ihrem Glauben dürfen Muslime in Deutschland anhängen, ungestraft. Sie dürfen es nur niemanden merken lassen. Und wenn es doch einer riskiert? Ab ins Morgenland, wegen undeutschen Benehmens in der Öffentlichkeit.
Damit Türken und Araber sich nicht in Bayern pudelwohl fühlen und die deutsche Landschaft mit Minaretten verschandeln, hat der bayerische Ministerpräsident sich etwas einfallen lassen: In die freistaatliche Landesverfassung soll ein Artikel eingefügt werden, wonach Zuwanderer sich nicht nur zu den hiesigen »Werten«, sondern auch »zur deutschen Sprache bekennen« müssen. Ein solches Bekenntnis wird dann per Sprachtest nachgeprüft – ein Vorschlag, an dem auch nicht-bayerische Christdemokraten Gefallen finden.
Die sprachkulturelle und religiöse Gefühlswelt der CSU hat ihre irdische Seite: »Bis zur letzten Patrone«, rief Horst Seehofer am Aschermittwoch seinem Publikum zu, werde er als oberster Bayer in der Berliner Politik mitkämpfen und sich »gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren«. Gegen eine »Internationalisierung von oben« allerdings habe er keine Vorbehalte, ein Theaterregisseur zum Beispiel dürfe aus China kommen.
Seehofer hätte auch eine andere Branche als Exempel nehmen können, etwa die Finanzdienstleistungen. Warum nicht ein Chinese als Fondsmanager? Er muß der bayerisch-deutschen Sprache nicht mächtig sein. Auch in München kann man sich mit Denglisch verständigen. Bei den »Internationalisten von oben«, gerade wenn sie aus China kommen, besteht kaum ein Risiko, daß sie weiß-blaue Christen für die Konversion zum Islam gewinnen wollen. Der Ergänzungsvorschlag für die Verfassung des Freistaates muß noch etwas präzisiert werden: Oben gilt anderes Recht als unten.