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Titel817

Antworten

Redaktion der Bild-Zeitung. – »Sieben Jahre tat der Westen NICHTS – Trump rächt Syriens vergaste Kinder!« So die Schlagzeile, die Sie sich für die Münchner Ausgabe der Bild-Zeitung vom 7. April ausgedacht haben. Wie verkommen muss man sein, um auf diese Weise Kriegspropaganda zu betreiben!

 

US-Administration, in Bombenstimmung. – Sie haben wieder die richtigen Zutaten für einen nächsten Kriegsgrund: mit Giftgas getötete Kinder, großformatig. Früher hatten Sie schon ermordete Kinder in Brutkästen, fahrbare Massenvernichtungswaffen und angreifende Küstenschutzboote. Letzteres war der Grund für den Vietnamkrieg – man vergisst ja so schnell …

 

Angela Merkel, transatlantisch devot. – »Präsident Assad trägt die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung«, erklärten Sie nach dem völkerrechtswidrigen US-amerikanischen Bombardement eines syrischen Flugplatzes. Diese höhere Einsicht verbreiten Sie, ohne sich auf irgendeine gesicherte Erkenntnis über den neuerlichen Giftgas-Fall in Syrien beziehen zu können. Sie übernehmen das sehr US-amerikanische »Erst schießen, dann fragen«. Dass Assad 2013 der Chemiewaffen-Verbots-Konvention beitrat, seine Waffenbestände vernichten und alle Produktionsanlagen unter internationaler Kontrolle bis 2016 demontieren ließ, dass Syrien seither laufend der unangekündigten Inspektion der OCPW untersteht, ist Ihnen bewusst. Und auch, dass Syrer und Russen von Giftgaseinsätzen nichts als politische und militärische Nachteile hätten. Dass die »Weißhelme« bei Idlib schon drei Stunden vor dem Giftgasfall auf Twitter über das bevorstehende Ereignis kommunizierten, muss zwar nicht bis zu Ihnen vorgedrungen sein, wohl aber, wer von dem Massenmord profitiert: Präsident Trump, der sich nach seinem politischen Fehlstart nun endlich als Starker Mann, als Imperator aufspielen kann. Und die mit den USA verbündeten Söldner und Dschihadisten in Syrien, die nun wieder moralischen Auftrieb haben. Wer denkt da an die weiter steigende Zahl von Toten und ihren Angehörigen in Syrien? Sie jedenfalls nicht.

 

Petra Reski, Schriftstellerin, Mafia-Expertin und Gerichtsreporterin. – Sie haben für den Freitag über einen Leipziger Mafia-Prozess berichtet und den Namen des Angeklagten genannt. Von dem werden Sie nun verklagt. Der Freitag, der eigentlich seine Autoren schützen sollte, verweigert Ihnen finanzielle und juristische Unterstützung. Herausgeber Jakob Augstein meinte »Redaktionen sind keine Rechtsschutzversicherung für mangelhafte Recherche.« Wir wünschen Ihnen, Petra Reski, Glück beim Kampf gegen mafiöse Strukturen und Herausgeber.

 

Landolf Scherzer, literarischer Reporter, grad aus Kuba zurück. – Am 14. April hatten Sie Geburtstag. Dazu nachträglich alles Gute. Wir würden uns freuen, mal wieder etwas von Ihnen drucken zu dürfen. Es darf auch eine Antwort auf diese Antwort sein.

 

Nurullah Burhani, Flüchtling in Moosburg, Kreis Freising. – Ihnen wurde eine Ausbildungsstelle angeboten, aber die dafür notwendige Ausbildungsgenehmigung verweigert. Das Landratsamt Freising folgte damit einer Weisung des bayerischen Innenministeriums, wonach die Landratsämter Flüchtlingen aus Ländern »mit schlechter Bleibeperspektive« keine Arbeits- oder Ausbildungsgenehmigungen mehr erteilen und bereits erteilte Genehmigungen nicht verlängern sollen. Bayern will damit verhindern, dass für Flüchtlinge aus Afghanistan und anderen Ländern die sogenannte 3+2-Regel des Bundesintegrationsgesetzes in Kraft tritt. Sie wurde von der SPD durchgesetzt und besagt, dass Flüchtlinge, die eine Ausbildung machen, diese beenden und anschließend noch zwei Jahre in dem ausbildenden Betrieb arbeiten dürfen, ohne dass sie eine Abschiebung befürchten müssen – unabhängig von ihrer »Bleibeperspektive«. Sie haben gegen die Entscheidung des Landratsamtes geklagt und Innenminister Herrmann damit einen ersten Strich durch seine hinterlistige Rechnung gemacht: Laut Urteil des Amtsgerichts München vom 6. April muss das Landratsamt Freising über Ihren Antrag neu entscheiden. Das Kriterium »schlechte Bleibeperspektive« wurde, zumindest für Flüchtlinge aus Afghanistan, von der Vorsitzenden Richterin Cornelia Dürig-Friedl verworfen. Sie sind damit noch nicht am Ziel, und die Schneidermeisterin in Moosburg, die Ihnen den Ausbildungsplatz freihält, muss noch länger auf Sie warten. Aber ein erster Erfolg ist erzielt. Ihre Rechtsanwältin Anna Toth sprach von einem »richtungweisenden« Urteil. Wir gratulieren und wünschen alles Gute: Ihnen für die weiteren Schritte und Ihrer Rechtsanwältin für die nächsten anstehenden Prozesse.

 

Peter Feldmann, Oberbürgermeister von Frankfurt/Main. – Die Teilnehmer der Festveranstaltung zum 70. Gründungsjubiläum der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) im Frankfurter Saalbau Gallus wurden von Ihnen mit den Worten begrüßt: »Ich bin stolz, Sie hier zu haben. Es ist eine große Ehre für uns.« In Ihrer Ansprache würdigten Sie den ehemaligen hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, dessen hartnäckigem Engagement es zu verdanken war, dass mit dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-65) die Konfrontation der deutschen Bevölkerung mit den in Auschwitz begangenen Menschheitsverbrechen begann. Der Prozess, der im Römer eröffnet worden war, wurde nach Fertigstellung des Saalbaus Gallus in diesem fortgesetzt. Sie zitierten Fritz Bauers Worte: »Die gewiss aufwühlende, aber entscheidende Lehre unserer Prozesse aber gebietet die Bereitschaft zum eindeutigen Nein gegenüber staatlichem Unrecht. Die Prozesse verlangen, dass die Menschen auf private und familiäre Vorteile verzichten und auch zu persönlichen Opfern bereit sind, wenn von ihnen gefordert wird, Böses zu tun oder zu tolerieren, mag auch der Staat es sein, der sich zum Anwalt des Bösen macht.« Und Sie betonten: »Der Weg in die Barbarei ist ein Weg in vielen kleinen Schritten. Wir müssen uns deshalb jedem dieser Schritte in den Weg stellen.«

 

Das war eine bewegende Rede. Leider ist nicht damit zu rechnen, dass sich der hessische »Verfassungsschutz«, der Antifaschisten wie die VVN als Feinde betrachtet, von Ihren oder von Fritz Bauers Worten zu einer Änderung seiner Sichtweise bewegen lässt.

 

Gisela Notz, nicht auf der Schmalspur unterwegs. – »Wir Alt-Feministinnen haben immer class, race und gender zusammen gesehen«, geben Sie in einem Interview in der SoZ zu Protokoll. Dies und die von Ihnen gelebte Verbindung zwischen Theorie und Praxis schätzen wir neben vielen anderen Eigenschaften an Ihnen. Glückwunsch zum 75. Geburtstag!