erstellt mit easyCMS
0208

Antworten

Yukihisa Fujita, Parlamentsabgeordneter, Tokio. – Als Vertreter der stärksten Oppositionspartei haben Sie dieser Tage im Oberhaus des Parlaments einen Vortrag gehalten, um zu zeigen, daß die offizielle US-amerikanische Darstellung der Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington nicht stimmen kann. Der Regierung Ihres Landes warfen Sie vor, die offenbar falsche Darstellung zur Rechtfertigung des »Kriegs gegen den Terror« zu akzeptieren und sich an diesem Krieg zu beteiligen. Obwohl 24 Japaner bei den Anschlägen ums Leben gekommen seien, habe die japanische Polizei keinerlei Ermittlungen aufgenommen. Was Sie da gesagt haben, ist ungeheuerlich. Aber stellen Sie sich vor: In Deutschland haben wir ähnliche Erfahrungen gemacht – und bisher hat sich noch kein deutscher Parlamentarier getraut, einen solchen Vortrag zu halten.

Francesco Cossiga, italienischer Staatspräsident i. R.. – Der größten Tageszeitung Ihres Landes, dem Corriere della sera, gegenüber haben Sie jetzt erklärt, die Anschläge des 11. September 2001 seien ein Werk der CIA und des israelischen Geheimdienstes Mossad. Zweck sei gewesen, einen Vorwand für die Kriege gegen Afghanistan und den Irak zu liefern. Wir wüßten das gern genauer. Ihren Mut schätzen wir schon seit 1990, als Sie sich als politischer Konfident der geheimen NATO-Terrororganisation Gladio outeten, der neben vielen anderen Anschlägen auch das für 85 Menschen tödliche Bahnhofsattentat in Bologna am 2. August 1980 angelastet wird.

Benedikt XVI., teilweise Realist. – Wie Kirchenzeitungen jetzt berichteten, haben Sie sich in Ihrer Dreikönigspredigt so geäußert: »Man kann nicht sagen, daß die Globalisierung ein Synonym für Weltordnung ist, im Gegenteil – ­Kämpfe um wirtschaftliche Vorherrschaft und um Ressourcen machen denjenigen die Arbeit schwer, die versuchen, eine gerechte und solidarische Welt aufzubauen.« Eine realistische Beschreibung, Sie haben die Lage erfaßt. Aber dann empfehlen Sie, damit es weltweit besser werde, »Abkehr vom Luxusdenken, Mäßigung, einfachen Lebensstil«. Da ist Ihnen der Sinn für die Realität abhanden gekommen. Ein großer Teil der Weltbevölkerung lebt doch so: allereinfachst, sehr gemäßigt in den materiellen Ansprüchen, fern vom Luxus. Der Gerechtigkeit hat das nicht auf die Beine geholfen. Und keine Predigt macht Hungernde satt.

Peer Steinbrück, neuerdings Bundesminister für Gerechtigkeit. – Es macht Ihnen Sorge, daß immer mehr Menschen in der Bundesrepublik der Marktwirtschaft nicht mehr glauben, daß sie sozial sei. Was ist da zu tun? Bei einem Unternehmertreffen haben Sie es dargelegt: »Um eine breite gesellschaftliche Unterstützung für notwendige weitere Reformen zu organisieren«, sollen »die Eliten aus Wirtschaft und Gesellschaft die Gerechtigkeitskomponente in ihren öffentlichen Äußerungen stärker als bisher mitkoppeln«. An Äußerungen also muß gefeilt werden, an öffentlichen. Entscheidend sei, so haben Sie weiter gesagt, »die gefühlte Gerechtigkeit«. Und Gefühlen muß notfalls nachgeholfen werden. Wir empfehlen: Ihr Ministerium bietet Sozialrhetorikkurse für Wirtschaftsrepräsentanten an.

Angela Merkel, wißbegierig. – Daß ein von der Politik subventionierter Konzern kurz vor Landtagswahlen Massenentlassungen ankündigt, ist Ihnen unangenehm, und so ließen Sie Ihren Sprecher Thomas Steg mitteilen: Das Vorgehen von Nokia werfe »aus Sicht der Bundeskanzlerin Fragen auf«, Sie möchten »Auskunft erhalten über die Motive für die Schließung des Werkes«. Offenbar haben Sie in DDR-Zeiten bei Ihren FDJ-Kursen nicht gut auf die angebotenen Informationen geachtet, manche davon waren für heutige Verhältnisse durchaus brauchbar. Etwa diese: Ein Unternehmen im Kapitalismus hat das Motiv, die Gewinnmarge zu steigern.

Jürgen Thumann, ganz lapidar. – Als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie haben Sie sich darüber mokiert, daß in der Politik über Höchstvergütungen für Manager geplaudert wird. So etwas halten Sie für Geschwätz, denn: »Moral in Zahlen zu gießen, das paßt nicht zu unserer Wirtschaftsordnung.« Das leuchtet ein, aber Sie hätten es vielleicht etwas verklausulieren sollen, siehe Steinbrück.

Gudrun C., Ossietzky-Leserin. – Zum zehnjährigen Bestehen bekam die Ossietzky-Redaktion in den vergangenen Wochen viele gute Wünsche. Besonderen Dank sagen wir Ihnen und Ihren beiden Mitlesern für das Paket mit Tee und Kaffee, damit wir wach bleiben, und allerlei Leckereien. Wir haben uns daraufhin vorgenommen, mit unseren Texten die LeserInnen weiterhin so munter zu halten, daß sie wenig Tee und Kaffee trinken müssen – als zusätzlicher Nutzeffekt der Ossietzky-Lektüre.