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Titel2017

Antworten

Günter Krone, Ossietzky-Autor fürs Kurze. – Wie lang ist kurz? Wie lang ist eine »Bemerkung«? Wer vermag das schon zu sagen. Wie kurz aber kurz sein kann, wie komprimiert man eine Nachricht formulieren kann, das zeigen Sie immer und immer wieder mit Ihren Beiträgen für Ossietzky. Glückwunsch zum 90. Geburtstag!

 

Amir Mortasawi, Arzt und Lyriker. – Unter dem Titel »NATO« erinnern Sie unsere Volksvertreter: »Manche reden über die Kriegsverbrechen / der NATO-Mitglieder / ... / übersehen dabei die eindeutige Gegebenheit / dass im Falle einer Mehrheit im Bundestag / mit einer regulären einjährigen Frist / ein Austritt aus der NATO möglich ist / und mit einer Frist von zwei Jahren / der Stationierung ausländischer Streitkräfte / ein Ende gesetzt werden kann.« Den Nachweis führen Sie in Fußnoten. Erstens: Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949 (Artikel 13: »Nach zwanzigjähriger Gültigkeitsdauer kann jeder vertragschließende Staat aus dem Verhältnis ausscheiden, und zwar ein Jahr nach Erklärung seiner Kündigung […]«). Zweitens: Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23.10.1954, dazu Notenwechsel des Auswärtigen Amtes vom 25. September 1990 (»Die Bundesrepublik Deutschland kann den Aufenthaltsvertrag in Bezug auf die Französische Republik oder jede andere Vertragspartei durch Anzeige an die Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren beenden.«). Vollständig nachlesbar ist das Gedicht hier: https://amirmortasawi.wordpress.com/2017/09/15/20687395/. Wie unsere Abgeordneten darüber wohl denken? Vermutlich so: Aus der verlogenen NATO austreten ist fast so schlimm wie ehrlich ohne Hose dastehen. Und unsere Freunde bitten, nach 75 Jahren endlich nach Hause zu gehen? Dann wären wir ja ganz, ganz alleine! Nackt und wahrhaftig wir! Niemand würde uns mehr die NATO-Lügen abkaufen. Und keiner würde uns mehr sagen, was wir denken dürfen. Klar, das »geht gar nicht«!

 

Steffen Seibert, Regierungssprecher. – In der Bundespressekonferenz am 4. Oktober lehnten Sie es ab, die Haltung der Bundesregierung zur spanischen Polizeigewalt gegen katalanische Demonstranten darzulegen. Sie stellten sich dumm: Allein Spaniens Verfassung biete den Rahmen für eine Konfliktlösung, die deutsche Regierung habe die Vorgänge nicht zu kommentieren. Im Falle der Krim-Sezession kommentierte die deutsche Regierung allerdings lauthals »Annexion!«, beschuldigte Russland und drückte hunderte Millionen Euro für Kiew ab. Und im Falle des Kosovo initiierte sie sogar einen Bombenkrieg, um dieses Gebiet, heute NATO-Garnison unter Führung von 5000 US-Soldaten, aus Jugoslawien herauszuschneiden. Nicht nur Doppelmaß, sondern gleich dreierlei Maß. Nun denn, Merkel stützt heute lediglich den immer mal wieder mit Korruptionsverdacht in Verbindung gebrachten Ministerpräsident Rajoy und seine Prügelpolizisten. Das braucht ein Katholik im Regierungssprecher-Kostüm nicht zu kommentieren.

 

Deniz Yücel, politischer Häftling in der Türkei. – Sie sitzen wegen angeblicher verschwörerischer Aktivitäten gegen Staatschef Erdoğan im Knast. In Deutschland wurden Sie deshalb zur freiheitskämpferischen journalistischen Lichtgestalt hochgejubelt. Sofortige Haftentlassung und persönliche Rehabilitierung wünschen wir Ihnen durchaus. Aber dass Sie vorderhand den »Preis für die Freiheit und die Zukunft der Medien« erhielten, erachten wir denn doch als Zynismus einer rückgratlosen Jury. Denn wie Pressefreiheit bei Ihresgleichen aufgehoben ist, war unter anderem in der taz nachzulesen. Dort schrieben Sie über den Sozi Sarrazin: »Buchautor Thilo S., den man, und das nur in Klammern, auch dann eine lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen darf, wenn man weiß, dass dieser infolge eines Schlaganfalls derart verunstaltet wurde, und dem man nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten« … Obama bekam den Friedensnobelpreis. Irren ist ja menschlich, aber mancher Irrtum hat wahrhaftig unmenschliche Züge.

 

Christine Lagarde, geschäftsführende IWF-Direktorin. – Sie teilten mit, weltweit flössen jährlich »zwei Billionen US-Dollar« an Schmiergeldern. Darüber hinaus gebe es aber noch eine riesige Dunkelziffer. Die Korruption umfasse mindestens zwei Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Da das deutsche BIP 3134 Milliarden Euro beträgt, füllen hierzulande also mindestens 62,6 Milliarden Euro Bestechungsgelder die Taschen unserer Staatsdiener. In der VR China wurden in den vergangenen fünf Jahren immerhin 1,3 Millionen korrupte Beamte bestraft, darunter sogar Politbüro-Mitglieder. Entsprechende Vorgänge in unserer westlichen Wertegemeinschaft hatten Sie nicht zu melden. Hier wandert eben keine politische Schlüsselfigur in den Knast.