erstellt mit easyCMS
Titel819

Antworten

Joseph Ratzinger, Papst im Ruhestand. – Endlich sind durch Ihren Scharfsinn die wahren Schuldigen für den weltweiten tausendfachen Kindesmissbrauch durch Geistliche entlarvt worden: die 68er mit ihrem hemmungslosen Sexualleben. Nun warten wir darauf, dass Sie auch dem Rätsel auf den Grund gehen, auf welche Weise es den 68ern gelang, so intensiv und nachhaltig Einfluss auf die Moral der Renaissance-Päpste zu nehmen. Keine leichte Aufgabe, aber Ihnen wird es glücken.

 

Werbeteam des Staatlichen Hofbräuhauses in München. – Auf der Website des von Ihnen betreuten geschichtsträchtigen Biertempels werben Sie mit dem Slogan »Für jeden ein Platz. Und für jeden Anlass.« Das wussten schon Lenin und seine Frau zu schätzen: Nadeshda Krupskaja soll mit Blick auf die Münchner Zeit des Ehepaars geäußert haben: »Besonders gern erinnern wir uns an das Hofbräuhaus, wo das gute Bier alle Klassenunterschiede verwischt.« Auch die einheimischen Revolutionäre kamen gern im Hofbräuhaus zusammen. Am 13. April 1919 wählten die Münchner Betriebs- und Kasernenräte dort den Vollzugsrat der zweiten (»proletarischen«) bayerischen Räterepublik mit dem Kommunisten Eugen Leviné an der Spitze. Hundert Jahre später will die Geschäftsleitung des Hofbräuhauses davon nichts mehr wissen. Während sie zunächst nichts dagegen gehabt hatte, dass am 13. April 2019 im Münchner Zimmer des Hauses eine Vortragsveranstaltung über die historischen Ereignisse stattfinden sollte, kündigte sie wenige Tage vor dem geplanten Datum plötzlich den Mietvertrag. Kein Platz also für jeden? Und nicht für jeden Anlass? Beim Landgericht München I können Sie sich dafür bedanken, dass Ihr Slogan jedenfalls für diesen Anlass nicht außer Kraft gesetzt wurde. Das Gericht verpflichtete das Hofbräuhaus zur Einhaltung des Mietvertrages.

 

Fatih Mehmet Maçoğlu, türkischer Kommunalpolitiker, 50 Jahre alt. – Vor fünf Jahren würdigte Ossietzky (»So links wie Merkel«, Heft 10/2014), dass Sie als einziger Kommunist in der Türkei einen Bürgermeisterposten errungen hatten. Die 3000-Seelen-Gemeinde und der Distrikt Ovacık in Ostanatolien haben dank Ihrer Politik durch die Bildung von landwirtschaftlichen Kooperativen gute Einnahmen erzielt und sie zum Aufbau eines kostenfreien Bussystems verwandt, die Wasserpreise gesenkt, Bibliotheken eingerichtet und bedürftige Schüler mit Stipendien unterstützt. Das muss sich bis in die 65 Kilometer entfernte Bezirkshauptstadt Tunceli (Dersim) und zu ihren 33.000 Einwohnern herumgesprochen haben. Dort stellte man Sie für die Kommunalwahlen Ende März 2019 als Bürgermeister-Kandidaten der kleinen kommunistischen Partei TKP auf – und Sie gewannen überzeugend mit 32,76 Prozent noch vor der linken HDP (28 Prozent), der sozialdemokratischen CHP (21 Prozent) und der AKP von Präsident Erdoğan mit kümmerlichen 14 Prozent. Jetzt sind Sie nicht nur Bürgermeister von Tunceli. Sie werden damit auch, wie die der AKP nahestehende Tageszeitung Daily Sabah am 2. April berichtete, »als erster kommunistischer Provinz-Gouverneur der Türkei in die Geschichte eingehen«. Hoffentlich wird man Sie nicht wie 2016 Ihren auch ordnungsgemäß gewählten Amtsvorgänger Mehmet Ali Bul unter fadenscheinigen Vorwänden festnehmen. Damals wurde die Verwaltung von Tunceli – wie in unzähligen anderen Orten und Provinzen mit linken Wahl-ergebnissen – entmachtet und gesetzeswidrig unter die Aufsicht des türkischen Innenministeriums gestellt.

 

Staatsanwaltschaft Gera, Kunst- und Terrorsachverständige. – Sie ermittelten bis vor kurzem, wie erst im April bekannt wurde, anderthalb Jahre lang gegen das »Zentrum für politische Schönheit«. Dessen Mitstreiter hatten bekanntlich B. Höcke (AfD-Führer für Thüringen) ein Mahnmal neben den Garten gesetzt. Das nun löste bei Ihnen den Verdacht auf »Bildung einer kriminellen Vereinigung« aus. Der Vorwurf lautete im Einzelnen, »dass das Kollektiv einen Politiker [ebenjenen B. Höcke] beobachtet habe«. Nach Ihrer Logik ist auch der Verfassungsschutz eine kriminelle Vereinigung. Denn der beobachtet ja wohl auch einzelne Politiker.

 

Martin Zschächner, Staatsanwalt und Spendierhosenträger. – Kürzlich haben Sie laut Zeit online 30 Euro privat an die AfD gespendet. Sie können ja mit Ihrem Geld machen, was Sie wollen – pikant wird die Angelegenheit allerdings dadurch, dass Sie zugleich der Pressesprecher jener Staatsanwaltschaft sind, die Ermittlungen gegen das »Zentrum für politische Schönheit« eingeleitet hat, das wiederum B. Höcke (AfD) ein »Denkmal der Schande« bescherte …

 

Nebenkosten, Geldvermehrungseinrichtung. – Besonders in Berlin sind Sie fleißig am Wirtschaften. Früher hieß es mal: Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Heute darf man sagen: Was ist die Kaltmieterhöhung gegen die Mitteilung einer Nebenkosten-Änderung? Denn diese ist oft so undurchschaubar, dass der Mieter aus Angst vor einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen lieber zahlt und zahlt und zahlt …

 

Kay Bailey Hutchison, US-Botschafterin bei der NATO. – Anfang April feierte das nordatlantische Militärbündnis sein 70-jähriges Bestehen. Bei einer Pressekonferenz aus diesem Anlass äußerten Sie (siehe state.gov), die NATO habe »70 years of peace in Europe« gebracht – »70 Jahre Frieden in Europa«. Aber herrscht Frieden, wenn Bündnis-Bomben fallen? Es ist erst 20 Jahre her, dass NATO-Kampfflugzeuge ein europäisches Land bombardierten. Okay, das geschah offiziell für einen guten Zweck, und die kleine Bundesrepublik Jugoslawien gibt es inzwischen nicht mehr. Aber darf man diesen ohne UN-Mandat vollzogenen kriegerischen Akt einfach wegreden? Als wären keine Zivilisten durch NATO-Beschuss umgekommen, keine jugoslawischen Journalisten durch Bomben auf ein Rundfunkgebäude umgebracht worden. Und als litten Teile der dortigen Bevölkerung nicht immer noch unter Spätfolgen durch die damals verwendeten Uran-Geschosse. »Frieden«? Dürfen Sie als US-Botschafterin so vergesslich sein, oder sagen Sie gezielt die Unwahrheit?