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Titel112013

Ein überflüssiges Denkmal  (Ralph Hartmann)

Im kleinen Städtchen Guben in der brandenburgischen Niederlausitz, zu DDR-Zeiten Wilhelm-Pieck-Stadt Guben genannt, weil hier der erste und einzige Präsident des ostdeutschen Staates geboren war, wird heftig, ja erbittert gestritten. Kann, soll, muß das in die Jahre gekommene Denkmal für den bekanntesten Sohn der Stadt, Pieck, saniert werden? Die Instandsetzung würde die horrende Summe von etwa 110.000 Euro kosten. Das ist zweifellos nicht wenig für einen Ort, der nach dem erfolgreichen »Aufbau Ost« 12.000 Einwohner verlor und gerade noch 23.000 zählt.

SPD und CDU wollen das Denkmal schleifen und den »Stalinisten« vom Sockel reißen. Auf einer Bürgerversammlung erhielten sie Unterstützung vom bekannten DDR-Aufarbeiter Klaus Schroeder, Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin. Nach seiner Expertenmeinung habe sich Pieck nur als väterlicher Präsident inszeniert und so die Fassade für Ulbrichts eingemauerten Staat geliefert. Vor lauter Eifer vergaß er, daß die Mauer um Westberlin erst nach dem Ableben Piecks errichtet wurde. Der Abriß stößt leider auch auf formal-rechtliche Hindernisse. Das Monument steht auf der Brandenburger Denkmalliste, und das Landesdenkmalamt hebt warnend den Finger. Aber nicht nur deshalb will die Linke, unterstützt von vielen Bürgern der Stadt, das Denkmal erhalten. Warum nur?

Wilhelm Pieck war zwar Präsident der DDR, aber letztlich doch nur Sohn eines Kutschers, und selbst hatte er gerade einmal das Tischlerhandwerk erlernt. Frühzeitig (1894) in die SPD eingetreten, verriet er diese revolutionäre Vorhut der Arbeiterklasse, engagierte sich gemeinsam mit den Linksextremisten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in der sogenannten Spartakusgruppe und gehörte folgerichtig zu den Begründern der KPD, in der er an der Seite Ernst Thälmanns wesentlich dazu beitrug, die demokratiefeindliche kommunistische Ideologie zu verbreiten und die Partei zu einer der stärksten in der Weimarer Republik zu machen. Als die Hitlerfaschisten die Macht ergriffen, floh er feige nach Paris und später nach Moskau. Hier setzte er seine politische Arbeit als ein führendes Mitglied des Exekutivkomitees der Komintern fort. Nicht genug damit ließ er sich 1935 für die Zeit der Einkerkerung Thälmanns zum Vorsitzenden der KPD wählen und tat sich später als einer der Gründer des vaterlandsverräterischen Nationalkomitees Freies Deutschland hervor. Nach der Befreiung von der Nazidiktatur zwang er den Vorsitzenden des Zentralausschusses der SPD, Otto Grotewohl, zu dem symbolischen Händedruck, mit dem die Zwangsvereinigung beider Parteien zur SED besiegelt wurde. Gemeinsam mit dem SPD-Abtrünnigen übte er über lange Jahre den Vorsitz in der vereinigten Partei aus. Nachdem 1949 die freiheitlich-demokratische Bundesrepublik gegründet worden war, beeilte er sich, mit seinen Gesinnungsgenossen Ulbricht, Grotewohl und anderen den Unrechtsstaat DDR auszurufen, deren Präsident er bis zu seinem Ableben blieb. Ungeachtet der eigenen Staatsgründung trat er halsstarrig für die deutsche Wiedervereinigung auf demokratischer Grundlage ein, was Adenauer vernünftigerweise ablehnte, denn schließlich war es besser, das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb zu haben. Zu seinem eigenen Glück hat er es nicht mehr miterleben müssen, wie das »ganze Deutschland« und die bewährte Herrschaft des deutschen Monopolkapitals wiederhergestellt wurden.

Nun aber gibt es Leute, vor allem linksorientierte, die das einzige Denkmal für den Kommunisten Pieck sanieren wollen, statt es abzureißen. Ja, haben wir denn nicht genügend Denkmale in Deutschland? Immerhin gibt es doch, um nur einige Beispiele zu nennen, etwa 100.000 Kriegerdenkmale, und viele davon wurden östlich von Elbe und Werra wunderbar restauriert, damit auch dort den im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten unter anderem mit dem Spruch »Was konnten sie mehr geben für ihr Vaterland denn ihr Leben« würdig gedacht werden kann. Außerdem stehen auf deutschem Boden rund 700 Denkmale des Fürsten Otto von Bismarck, der unser Vaterland mit Blut und Eisen zusammenschmiedete. Einige der Denkmale sind inzwischen zu touristischen Highlights geworden, so wie das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, die prächtige Statue der Germania am Rhein, das imposante zu Ehren Kaiser Wilhelm I. errichtete Kyffhäuserdenkmal, die Gedenktürme für die Schlachten bei Fehrbellin (1675) und bei Großbeeren (1813), die Siegessäule in Berlin.

Während die Kommunisten das sagenhaft schöne bronzene Nationaldenkmal Kaiser-Wilhelms I. auf der Berliner Schloßfreiheit niederrissen und einschmolzen, stehen auf dem Boden der Alt-Bundesrepublik zahlreiche üppig verzierte Monumente des deutschen Herrschers. Einen würdigen Platz hat die Büste des großen deutschen Kaisers auch im bajuwarischen Pantheon, in der Gedenkstätte Walhalla bei Regensburg, gefunden, wo sie neben vielen bedeutenden Persönlichkeiten »Teutscher Zunge«, darunter Lessing und Goethe, Wallenstein und Adenauer, zum Einhalten und Nachdenken einlädt. Selbst ein Radfahrerdenkmal, das einzige in Europa, existiert und wurde 1993 aufwendig restauriert. Es steht im Kurpark von Bad Schmiedeberg, und vielleicht wird es einst mit einer Büste von Rudolf Scharping, dem im Krieg gegen Jugoslawien verdienstvollen deutschen Kriegsminister und in diesem Jahr wiedergewähltem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Radfahrer, geschmückt werden. Und nicht zu vergessen: das Adenauer-Denkmal in Köln, das Helmut Kohl höchstselbst 1995 enthüllte und nur doppelt so teuer war wie die Sanierungskosten in Guben.

Nein, an Denkmalen mangelt es in der Bundesrepublik wahrlich nicht. Bei einer solchen Fülle wird doch wohl die Beseitigung des Wilhelm-Pieck-Denkmals im kleinen Guben zu verschmerzen sein. Also, Ihr linken Nostalgiker, habt Euch nicht so!