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Titel720

Homeoffice-Tagebuch  (Rüdiger Göbel)

16. März: Tag 1 »im Krieg«

Verflucht, was für ein wunderbarer Frühlingstag. An Tag 1 im Corona-erzwungenen Homeoffice lacht die Sonne und vertreibt die Winterkälte. In der Wohnung herrliche Ruhe, die Kinder sind nach dem Wochenende noch einmal für einen Tag in der Schule – ein Unsinn, den sich Berlin erlaubt, während Bayern und die meisten anderen Bundesländer den Betrieb schon runtergefahren haben.

 

Bei Penny um die Ecke ist morgens kein Einkaufswagen zu haben, der Laden rappelvoll. Es sind vor allem Ältere, die zwischen leeren Regalen stehen und die Köpfe schütteln. Warum müssen manche zwei, drei, vier Packungen Toilettenpapier kaufen, so dass es für die anderen nicht mehr reicht – und ausgerechnet sie, die doch zur Hochrisikogruppe gehören, anderentags noch mal kommen müssen? Erklären kann das keiner. Die Franzosen hamstern sympathischer – Rotwein und Kondome.

 

Dafür geht deren Präsident in die Vollen. »Wir sind im Krieg. Wir kämpfen weder gegen Armeen noch gegen eine andere Nation. Aber der Feind ist da, unsichtbar – und er rückt vor«, tönt Emmanuel Macron in allen Kanälen. Die Franzosen dürfen fortan ihre Häuser nur noch verlassen, um einzukaufen oder zum Arzt oder zur Arbeit zu gehen. Außerdem kündigt der als großer Europäer gefeierte Staatschef an, dass die EU-Außengrenzen für 30 Tage geschlossen werden.

 

Schlimmer für meine Kinder zuhause ist mein Diktat, dass sie nicht mehr mit anderen über die Spiel- und Bolzplätze ziehen dürfen. Bei dem tollen Wetter bin ich der Despot und Rabenvater schlechthin, draußen auf der Straße tobt das Leben. Covid-19 kommt schleichend daher.

 

Abends muss ich doch noch mal ins Büro in Berlin-Mitte, meinen alten Laptop holen für einen Mitschüler meines Sohnes. Nicht alle haben das technische Gerät für das Home-Schooling, das jetzt allerorten gepriesen wird. Die S-Bahn ist schon jetzt deutlich leerer, zumindest auf der Fahrt ins Zentrum.

 

Aus Hannover kommt schließlich die Absage für die am 27. März geplante Veranstaltung »Auf dem Weg zur neuen Ostfront?«, zu der mich anlässlich des NATO-Manövers Defender 2020 Ossietzky-Herausgeber Rainer Butenschön und die Initiative »Frieden mit Russland« eingeladen hatten. Die positive Nachricht an diesem Tag: Die USA haben endlich ihren geplanten Großaufmarsch mit 37.000 Soldaten an der russischen Grenze Corona-bedingt abgesagt.

 

 

17. März: Auf der Jagd

Bevor ich mich im Homeoffice an den Computer setze, muss ich raus auf die Jagd. Bei Penny soll es wieder Toilettenpapier geben. Auf dem Weg zur Arbeit hat meine Frau einen Lkw mit Neuware gesichtet, ich möge bitte SOFORT los. Nach einem Kaffee mache ich mich auf. Und tatsächlich, vor dem Discounter stehen mehrere Paletten mit Bier, obenauf Küchenrollen und Klopapier – demonstrativ stehen sie da und unbewacht, als wolle man unterstreichen, bleibt ruhig, die Versorgung ist gesichert. Auch drinnen sieht es nicht danach aus, als ob hier jemand verhungern müsste. Die Tiefkühltheken sind dennoch leer, die Nudelregale verwaist. Beim Toilettenpapier liegen noch ein paar Packungen. Jagdauftrag erfüllt. Was machen bloß die ohne Spähposten?

 

Wieder zuhause kommt zusätzlich zur Arbeit der Schulunterricht in diversen Fächern. Mathe, Deutsch, Französisch, Gesellschaftswissenschaften. Immerhin, schon am ersten Tag zuhause merken die Kinder, was sie an der Schule haben, am Miteinander-Lernen und gegenseitigen Helfen. Das Einrichten eines Skype-Kontos ist Gold wert. Meine Tochter (10) macht ihre Aufgaben fortan begeistert mit ihren Freundinnen, mal zu zweit, mal in Konferenzschaltung. Mal wird gequasselt, mal still in den Heften nebeneinander her gearbeitet, die andere immer mal kurz im Blick. Die Jungs (14 und 16) tauschen sich lieber über WhatsApp aus, mal im Chat, mal im Video-Call.

 

Meine Chefin fordert derweil im Namen der Linksfraktion mit Blick auf die Corona-Pandemie die sofortige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Iran, Syrien und Venezuela. »Die Länder müssen umgehend Zugang zu den internationalen Märkten für den Kauf notwendiger medizinscher Geräte und Arzneien erhalten«, so Sevim Dağdelen. Richtig so. Die einseitigen Sanktionen der USA gegen den Iran, einen Hotspot der Corona-Krise, ist unverantwortlich. Das Embargo der EU gegen Syrien blockiert den Wiederaufbau des Landes und des kriegszerstörten Gesundheitssystems. Die LINKE-Außenpolitikerin erinnert: »Die Aufrechterhaltung der von den USA und der EU einseitig verhängten Sanktionen gegen Venezuela konterkariert die medizinischen Hilfsmaßnahmen Kubas und Chinas für das lateinamerikanische Land im Kampf gegen das Coronavirus. Nach Schätzung des Washingtoner Center for Economics and Policy Research (CEPR) sind infolge der 2017 verhängten transatlantischen Sanktionen gegen Venezuela über 40.000 Menschen gestorben. Einseitige Wirtschaftssanktionen stellen eine Kollektivbestrafung der Bevölkerung dar und sind gemäß der Genfer Konvention wie auch der Haager Landkriegsordnung verboten.«

 

 

18. März: Kolonialismus und Imperialismus

In der 8. Klasse arbeiten sich die Schüler am Thema Kolonialismus und Imperialismus ab. In Heimarbeit sollen sie sich die verschiedenen europäischen Kolonialmächte erarbeiten. Dass Wikipedia keine gute Quelle ist, wird etwa am Eintrag »Niederländische Kolonien« deutlich: »Die Niederlande waren besonders im 17. Jahrhundert eine der bedeutendsten Kolonialmächte der Welt. Um 1650 erreichte das niederländische Handelsimperium seinen Höhepunkt, als etwa die Hälfte des Welthandels von den Niederländern (Republik der Sieben Vereinigten Provinzen) umgeschlagen wurde. Diese Epoche wird auch das Goldene Zeitalter der Niederlande genannt.« Im Schulbuch »Forum Geschichte« der Klassenstufe 7/8 ist Kolonialismus wie folgt definiert: »Errichtung von Handelsstützpunkten und Siedlungskolonien vom 15. bis zum 18. Jahrhundert in wenig entwickelten Ländern sowie deren Inbesitznahme, vor allem durch europäische Mächte, die vorrangig wirtschaftliche und militärische Ziele verfolgten.« Und weiter heißt es da: »Die Epoche des Imperialismus (lat. Imperium = Weltreich) umfasst den Zeitraum zwischen 1880 und 1914/18 (1. Weltkrieg …).« Ach wie schön, wäre der Imperialismus seit gut hundert Jahren schon Geschichte und nicht grausame Realität bis in unsere Tage, da die USA zusammen mit den 28 anderen NATO-Staaten 1000 Milliarden US-Dollar für Rüstung und Militär ausgeben und damit globale Machtansprüche projizieren, während die Gelder etwa im Gesundheitswesen fehlen. Die deutsche Rüstungsschmiede Rheinmetall sieht »derzeit keine gravierenden Folgen der Corona-Krise«, meldet dpa. In der Automobilsparte werde man nicht in die roten Zahlen rutschen, so Vorstandschef Armin Papperger. Im Rüstungsbereich rechnet der Düsseldorfer Konzern mit einem Umsatzzuwachs von fünf bis sieben Prozent. Kein Wunder. Die Bundesregierung bringt ungeachtet der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgekosten der Corona-Krise neue Militärprojekte auf den Weg. So sollen Kampfjets vom Typ Eurofighter und Tornado ersetzt werden, für die Kriegsmarine neue Bordhubschrauber und Flottendienstboote angeschafft werden, zudem drei zu gigantischen Abhöranlagen aufgerüstete Flugzeuge des Typs Global 6000, Flugzeuge zur U-Boot-Jagd sowie ein neues Raketenabwehrsystem.

 

Auf dem Weg zum Einkauf treffe ich einen befreundeten Zahnarzt. Er berichtet mir von fehlenden Schutzmasken und Desinfektionsmitteln in den Praxen. Von der Zahnärztekammer Berlin gebe es ernsthaft den Tipp, sich Nasen-Mund-Schutze aus Mullwindeln selbst zu basteln, dabei bitte aber nicht zu vergessen, dass das umfunktionierte Babymaterial nach Gebrauch »in geeigneter Weise, zum Beispiel durch Auskochen, hygienisch aufbereitet« wird. Im Kanzleramt und Wirtschaftsministerium werden der Rüstungsindustrie Milliarden in den Rachen geschoben, beim Gesundheitsschutz in Berlin fehlen die einfachsten Dinge.

 

 

19. März: Milliarden fürs Militär

Die Corona-Krise belastet die Wirtschaft auf der ganzen Welt. Die NATO-Staaten sollen dennoch mehr Geld für Rüstung und Militär ausgeben, fordert Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Vorstellung des Jahresberichts 2019. Nur neun der 29 NATO-Länder hätten das Ziel erreicht, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Wehrbereich zu stecken. Bis zum Jahr 2024 wollen die europäischen Mitglieder und Kanada die Mehrausgaben im Vergleich zu 2016 auf 400 Milliarden US-Dollar steigern. Deutschland verzeichnete nach den NATO-Kriterien einen Anstieg der Militärausgaben nach aktuellen Preisen um gut fünf Milliarden auf 54,8 Milliarden Dollar. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer meldet die Bundeswehr einsatzbereit für einen langen Kriseneinsatz zur Bekämpfung des Coronavirus. »Uns allen muss bewusst sein, dass dieser Kampf gegen das Virus ein Marathon ist«, heißt es im ministeriellen Tagesbefehl »Wir kämpfen gegen einen unsichtbaren Gegner!« an die etwa 180.000 Bundeswehrsoldaten. Auch die Reservisten sollen ran. An den Einsatz bei der Spargelernte auf den verwaisten Feldern denkt die CDU-Chefin dabei sicher nicht. Die Soldaten, die seit Jahresbeginn kostenfrei Bahn fahren dürfen, wenn sie Uniform tragen, sollen in den Städten und Gemeinden zu sehen sein. Die Corona-Krise soll endlich den grundgesetzlich verwehrten Inlandseinsatz der Truppe möglich machen. Generalinspekteur Eberhard Zorn stellt klar, dass es bisher (!) keine Anträge aus den Ländern oder Kommunen gebe, die Patrouillen der Bundeswehr in Ortschaften forderten. »Es ist nicht davon auszugehen, dass wir jetzt hier in irgendeiner Form einen Aufmarsch machen.« Es brauche sich keiner Sorgen zu machen, dass die Bundeswehr Corona-Partys auflöst oder Ausgangsbeschränkungen überwacht. Na dann.

 

 

20. März: Gespenstische Ruhe

Die Regale bei Lidl sind gut gefüllt, auch Klopapier und Pasta gibt es in ausreichender Menge. Noch nie habe ich den Discounter aber so ruhig erlebt. Es ist eine fast gespenstische Stille, die Angst ansteckend. Jeder ist darauf konzentriert, rasch seine Besorgungen zu machen und den anderen nach Kräften aus dem Weg zu gehen. US-Präsident Donald Trump setzt nach langem Leugnen des »Wuhan-Virus« den Defense Production Act in Kraft, ein Gesetz aus Kriegszeiten. Die US-Regierung kann damit in die Wirtschaft eingreifen und die Produktion von Atemmasken, Beatmungsgeräten, Ventilatoren und anderem benötigtem Equipment beschleunigen. Im Onlineportal Rubikon hat Autor Sven Böttcher im Corona-Dossier dazu aufgerufen, alte Kranke medizinisch nicht mehr zu behandeln. Der Autor möchte heute von allen offiziellen Stellen weltweit hören: »Über 80jährige mit drei Vorerkrankungen und frischer Lungenentzündung behandeln wir nicht auf Intensivstationen, die schicken wir zum Sterben nach Hause, denn sterben müssen ja alle. […] Unsere Intensivstationen und unser medizinisches Personal stehen selbstverständlich jüngeren Corona-Lungenentzündungspatienten weiter offen. Die Mortalitätsrate bei U-80, nicht vorerkrankten Corona-infizierten Patienten liegt derzeit bei etwa 0 Prozent.« Es sei beunruhigend, so Sven Böttcher weiter, »dass wir jetzt alles schrotten, was wir über Jahrhunderte so schwer erkämpft haben, was uns lieb und teuer und lebenswichtig ist: Freiheit, Grundrechte, die Zukunft unserer Kinder. Und alles wegen einer Lungenentzündung, an der nur uralte Leute sterben?« Rubikon-Herausgeber Jens Wernicke nennt sein Portal »eine von sehr wenigen Stimmen der Vernunft in einem Meer der Unvernunft« und ruft zu Spenden auf. Es gebe »weltweit keinen einzigen Beweis dafür, dass aktuell irgendeine ›besondere Gefahr‹ für unser aller Leib und Leben bestünde«. An anderer Stelle schreibt er von einer »sogenannten Pandemie«. Man möchte ihn und sein Team ob des Zynismus einmal zur Recherche in der Realität zwingen, in den hoffnungslos überforderten Krankenhäusern der Lombardei oder im Elsass. Die Ärzte und Pflegekräfte verzweifeln darüber, angesichts der Krankenzahlen und dramatischen Krankheitsverläufe entscheiden zu müssen, wer ans Beatmungsgerät kommt und wer sterben muss.

 

Über die WhatsApp-Gruppen der Fußballteams unserer Kinder werden wir zum abendlichen Klatschen aufgerufen, als Dank für die Ärzte und Pflegekräfte. Meine Kinder machen begeistert mit, schleppen die große Box auf den Balkon und spielen »Bella ciao« mit ab. Ich leite ihnen einen Twitter-Tweet weiter, der für Aufmerksamkeit sorgt: »Wir Pflegekräfte brauchen keine Klatscherei. Wir wollen auch keine Merci Schokolade & warme Worte! Wir brauchen 4000 € brutto, mehr Personal, Gefahrenzulagen und ein entprivatisiertes Gesundheitssystem! Macht mal lieber mit uns Arbeitskampf!« Ich hege die Hoffnung, dass die Beschäftigen in den wirklich systemrelevanten Berufen nach dieser Krise gesellschaftlichen Rückhalt für ihre Forderungen nach höherem Lohn und besseren Arbeitsbedingungen haben werden. Sie sind es, die den Laden am Laufen halten, auf Station, an der Kasse, in der Bahn.

 

 

21. März: Erfundene Epidemie?

In Italien werden die Corona-Toten mittlerweile nächtens von der Armee aus den Krankenhäusern in die Krematorien gebracht. Die zivilen Stellen sind mit den schieren Zahlen überfordert. Das Onlineportal Rubikon veröffentlicht derweil den Aufsatz »Die Erfindung einer Epidemie« des italienischen Philosophen, Essayisten und Buchautors Giorgio Agamben. Der Autor »warnt eindringlich vor einem Notstand, der mit einer erfundenen Pandemie nicht zu rechtfertigen sei«, heißt es im redaktionellen Vorspann. Was zunächst unterschlagen wird: Der Text »L’invenzione di un’ epidemia« ist im italienischen Original bereits am 26. Februar erschienen, als womöglich noch nicht für alle die wahre Dramatik in den Krankenhäusern fassbar war. Und so fragt Agamben, warum Medien und Behörden daran arbeiten, »ein Klima der Panik zu verbreiten, das einen seltsamen Ausnahmezustand herbeiführt, der ernsthaft die Bewegungsfreiheit beschneidet und die normalen Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganzen Regionen unterbricht«. Es gebe »wieder einmal eine wachsende Tendenz, den Ausnahmezustand als normales Regierungsparadigma zu verwenden«. Jedenfalls sei das Missverhältnis der Maßnahmen zu dem auffällig, was laut Nationalem Forschungsrat CNR »eine gewöhnliche Influenza ist, die sich nicht wesentlich von den jährlich wiederkehrenden Grippen unterscheidet«. Rubikon unterschlägt, dass Giorgio Agamben bis zum Zeitpunkt der Übersetzung ins Deutsche massiven Widerspruch erfahren hat. Was nicht passt, wird einfach weggelassen.

 

 

22. März: Kontaktsperre und Hilfe

Es ist arschkalt geworden in Deutschland. Man will eigentlich nicht raus, muss aber doch, wer weiß, was noch kommt. Es ist absehbar, dass die Bundesregierung und die Länder heute eine allgemeine Ausgangssperre verhängen, die so natürlich nicht heißen darf und als Ausgangsbeschränkung auch nicht ganz so rigide gehandhabt wird wie in Frankreich oder Italien. China schickt Hilfe in die europäischen Corona-Epizentren nach Italien und Spanien, Schutzmasken, Schutzkittel, Desinfektionsmittel, Beatmungsgeräte, Ärzte. Auch von Kuba kommt Unterstützung, die sich die EU-Mitglieder gegenseitig verwehrt haben.

 

 

23. März: Teams am Klavier

Eine Woche Homeoffice, allmählich pegelt sich alles ein, Homeoffice und Heimunterricht. Der Respekt vor den Lehrern dürfte bei vielen steigen. Der Klavierlehrer unserer Kinder macht online weiter, meine Tochter ist davon noch nicht ganz begeistert. Ich muss dafür »Teams« auf dem Laptop installieren. Und tatsächlich, das klappt ganz gut. Die Stunde vergeht wie im Flug. Die beiden sehen und hören sich, kein falscher Ton geht über das Internet verloren.

 

 

24. März: Zoom auf Jemen

Die Tanzstunde meiner Tochter läuft jetzt im Videochat über »Zoom« – also noch ein Programm installieren. Allmählich entwickelt sich da schon Routine. Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam fokussiert auf den Jemen, wo nach fünf Jahren Krieg die erhöhte Gefahr von schweren Krankheitsverläufen bei Coronavirus-Infektionen vorprogrammiert ist. Die Pandemie trifft doch eine von Krieg und Hungerblockade ohnehin geschwächte Bevölkerung. Die Bundesregierung verlängert bis Ende des Jahres den Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien. Die Kopf-ab-Diktatur ist hauptverantwortlich für das Elend im Jemen. Die Entscheidung der Regierung ist richtig, aber unzureichend. Die Ausweitung des Waffenembargos auf alle Länder der Jemen-Kriegsallianz, allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten, ist überfällig und eigentlich schon im Koalitionsvertrag vom März 2018 fixiert.

 

 

25. März: Opiate für die Alten

Sven Böttcher und Rubikon werden in Frankreich erhört. Wie uns eine an der Charité arbeitende Ärztin berichtet, werden in der Universitätsklinik von Straßburg Patienten, die älter sind als 80 Jahre, nicht mehr beatmet. Sie erhalten eine »Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln«, wie es in einem Bericht des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin (DIFKM) heißt. Patienten in Pflegeheimen, die älter als 80 Jahre und beatmungspflichtig wären, »erhalten eine schnelle Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmittel durch den Rettungsdienst«. In Mulhouse werden schon 75-Jährige nicht mehr beatmet.

 

Ein kleiner Lichtblick: In wenigen Tagen ist endlich Umstellung auf die Sommerzeit – am 29. März bleiben wir eine Stunde weniger daheim, das habe ich meiner Familie fest versprochen.