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Titel518

Monatsrückblick: Motor der Veränderung  (Jane Zahn)

US-Außenminister Rex Tillerson ruft in einer Rede das venezolanische Militär zu einem Putsch auf. Er nennt es selbstverständlich nicht so. Er nennt es: »Zum Motor der Veränderung werden«. »In der Geschichte Venezuelas und anderer lateinamerikanischer und südamerikanischer Länder ist es oft das Militär, das eingreift, wenn die Dinge so schlecht stehen, dass die Militärführung realisiert, dass sie den Bürgern anders nicht mehr dienen kann und einen friedlichen Übergang organisiert.« (jW, 3./4.2.18) Wir erinnern uns: Chile 1973, Argentinien 1976, Brasilien schon 1964 und dann immer wieder. Aber immerhin, es soll Maduro nicht wie Allende gehen: Er könnte doch, so fordert Tillerson, in Kuba eine schöne Villa am Strand beziehen.

 

Da wäre er immerhin glücklicher dran als US-amerikanische Schulkinder in Florida, die wieder einmal Opfer eines amoklaufenden Waffenbesitzers wurden. Wieder einmal folgt daraufhin die laut erhobene Forderung nach Einschränkung des Waffenverkaufs. Diesmal aber erheblich lauter, und der Ruf dringt bis zur Präsidentengattin. Die National Rifle Association, eine Art ADAC, nur nicht der Auto- sondern der Waffenlobby, wird gedisst von Firmen wie dem Autovermieter Hertz, den Fluggesellschaften Delta und United und einigen Banken und Versicherungen, die NRA-Mitgliedern keine Vergünstigungen mehr gewähren wollen, aber dem entgegen steht wie ein Fels Präsident Donald Trump. Er will im Gegenzug die Lehrer bewaffnen, um Amokläufe an den Schulen zu verhindern. Und Geisteskranke nicht mehr an automatische Schusswaffen kommen lassen – und was ist mit ihm? Seine mentale Gesundheit und die Verfügbarkeit von Atomwaffen – wie will er die aus dieser Kombination resultierenden Gefahren mit einem Gesetz einschränken?

 

Das Pentagon hat am 2. Februar seinen Plan zur nuklearen Aufrüstung vorgelegt. »Mini-Nukes« genannte taktische Atombomben – auch ihre Vernichtungskraft ist gewaltig – sollen vor allem zur Abschreckung einer russischen Bedrohung dienen. Russland bestreitet postwendend, eine Aggression zu planen, man halte sich an die internationalen Abkommen. Aber was so ein eingefleischter Sowjet- – pardon, das gibt’s ja nicht mehr – also Russen-Hasser ist, der bleibt bei seiner Überzeugung, komme, was da wolle. Die Atombomben, die auf deutschem Boden in Büchel lagern, sollen durch neuere, stärkere ersetzt werden. Für das vorgesehene Schlachtfeld Europa.

 

Dafür will die USA die Hände freibekommen: Die US-Regierung will ihre Co-Finanzierung der Internationalen Raumstation ISS, die bis 2024 vertraglich geregelt ist, ab 2025 in private Hände geben, um die eigenen Hände für ihre Mond- und Mars-Mission freizuhaben. »Wir können nicht alles machen«, erklärte der geschäftsführende NASA-Chef Robert Lightfoot (zitiert nach jW, 14.2.18). Nein, nicht alles, nur alles für geopolitische Unordnung, denn die bedeutet mehr Gewalt, und das bedeutet mehr Waffen.

 

Wieder wird das »Eingreifen des Westens in Syrien« gefordert – als ob der nicht schon längst eingegriffen hätte! Die neue – vorerst mediale – Schlacht geht um Ost-Ghuta. Heulen und Zähneklappern: Weil die syrische Regierung jetzt Schluss machen will mit der Besetzung durch »Rebellen« (Bezeichnung islamistischer Terroristen in westlichen Medien), fließt das Herz über von massakrierten Kindern und Zivilisten. Keine Rede davon, dass es diese »Rebellen« sind, die die Bevölkerung in Geiselhaft nehmen und jedes Angebot des friedlichen Abzugs abgelehnt haben. Keine Rede von den Zivilisten, die durch Beschuss der »Rebellen« ums Leben gekommen sind und kommen werden. Denn es ist ja wieder der »Schlächter« Assad, es sind die bösen Russen, die für alles Übel verantwortlich gemacht werden. Die Krokodilstränen fließen nur für die »richtigen« Opfer, die missbraucht werden können für die westliche Propaganda. Für die Opfer der Befreiung von Mossul durch die irakisch-amerikanische Armee flossen keine Tränen, die kamen in der Berichterstattung nicht mal vor.

 

Gleichzeitig verspricht die EU den Sahelstaaten Waffen für 100 Millionen Euro, wenn diese den Terrorismus bekämpfen und ihre Grenzen dichtmachen – keine Flüchtlinge mehr nach Europa! Das hätte man mit Gaddafi schon haben können, aber der hatte einfach zu panafrikanische Pläne mit Wasser und Währung und musste beseitigt werden. Da waren die Europäer der »Motor der Veränderung«.

 

Besitzer von Dieselmotoren werden nun von Fahrverboten bedrängt. Die Städte und Gemeinden dürfen und sollen für bessere Luft sorgen. Aber nur auf Kosten der Bevölkerung. Die Diesel-Stinker sollen nachgerüstet werden – so die gute Nachricht aus dem Abschlussbericht der von der Bundesregierung eingesetzten Expertengruppe. Die Nachrüstung soll »ganz oder zu einem höchstmöglichen Anteil« vom Steuerzahler finanziert werden – so die schlechte Nachricht. »Auch aus finanziellen Beiträgen der Automobilhersteller« könne sich die Förderung speisen, aber das nur als Möglichkeit. (MAZ 17./18.2.18)

 

Einen Motor für den Frieden hat der Papst gefunden: Mitten in seinem Krieg gegen die Kurden besucht Erdoğan den Papst und erhält von ihm eine Medaille mit einem Friedensengel, der den Dämon des Krieges besiegt. Erdoğan als Friedenspreisträger – schließlich will der Frieden und Ruhe, also Friedhofsruhe im wilden Kurdistan.

 

Kein Motor funktioniert in der Bundeswehr. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), hat seinen Bericht veröffentlicht. Die Bundeswehr sei schlecht gerüstet, keines der sechs U-Boote einsatzbereit, zeitweise keiner der 14 Airbus-A400M-Transporter flugfähig. Es gebe zu wenig Zelte und Winterausrüstung für die Soldaten. Schön, ein Überfall auf Russland – Verzeihung: eine Vorwärtsverteidigung – scheint so nicht vorbereitet zu werden. Aber Achtung: Auch Napoleon und Hitler rechneten nicht mit dem russischen Winter!

 

Dafür gibt es aber einen Trost: »Deutschland gewinnt Eishockeysilber gegen russisches Team« (Spiegel online 25.2.18). Also: Die Russen sind nur Vorletzte, Deutschland aber zweiter Sieger!